Donnerstag, 31. Dezember 2015

Neujahrsgrüße für 2016

Liebe Leserinnen und Leser!

Ein ereignisreiches Jahr geht zu Ende. Deutschland zieht in einen völlig sinnlosen Krieg und hat aus den Erfahrungen mit Afghanistan nichts gelernt. Verfolgt werden nur die eigenen Ziele und die Ursachen des Krieges in Syrien hat man völlig aus dem Blick verloren. Die Rüstungsindustrie und Waffenlobby reiben sich die Hände.

Die große Hilfsbereitschaft gegenüber Geflüchteten ist ein kleines Licht am Horizont. Nur durch dieses Engagement vieler Ehrenamtlicher ist überhaupt von Struktur und Organisation zu sprechen. Ohne diese Menschen wäre vermutlich ein nicht mehr überschaubares Chaos eingetreten. Ihnen gilt mein besonderer Dank. Kein Verständnis habe ich für Gewalt gegenüber Geflüchteten, Flüchtlingszentren oder Unterkünften. Vielmehr sollten die „besorgten Bürgerinnen und Bürger“ darüber nachdenken, auf welche lebensgefährlichen Routen sich die Geflüchteten begeben haben, um ihrem Krieg in ihrer Heimat zu entgehen. Pegida, die AfD und andere rechtsextreme Gruppen nutzen Angst, Unwissenheit und Unsicherheit für ihre Zwecke, um auf Stimmenfang zu gehen. Hier gilt es entgegenzuwirken. Aufklärung und Gespräche mit den Bürgern über die Ursachen der Flucht sind dabei ein wichtiger Punkt. Daraus muss der Abbau von Vorurteilen gegenüber Geflüchteten folgen. Es darf nie und nimmer ein gegeneinander Ausspielen von Gruppen erfolgen.

Leider ist da unsere Regierung zum Teil nicht besser, wenn erneut um den Mindestlohns diskutiert wird. Die Aushebelung des kargen Mindestlohns von 8,50 Euro für die Geflüchteten ist nichts anderes, als die Lohnspirale erneut nach unten zu drehen – und zwar für alle.

Wenn der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit die Erwerbslosen pauschal als unmotiviert darstellt und bewusst gegen Geflüchtete ausspielt, bedarf es keine weiteren Worte und ist beschämend (Focus, 13.12.2015). Dass Langzeitarbeitslose bereits in den ersten sechs Monaten vom Mindestlohn ausgegrenzt sind ist eine Stigmatisierung von Gruppen und muss sofort beendet werden. Wenn die Regierung für das kommende Jahr die Hartz-IV-Gesetze weiter verschärft und zum Teil sogar Bundesgerichtsurteile damit aushebelt, ist der Weg für weitere Entrechtungen damit legitimiert. Nicht die Vermögenden werden in die Pflicht genommen, sondern die Einkommensschwächsten unserer Gesellschaft. Und genau diese haben keine Lobby. Wer arm ist, hat weder die Möglichkeit sich zu wehren noch die Kraft dazu. Das selbe gilt für Menschen, die trotz Voll- oder Teilzeittätigkeit weitere Tätigkeiten annehmen müssen, um für sich und ihre Familie zu sorgen.

Stattdessen werden ein extrem neoliberalistisches Denken und eine Leistungsgesellschaft befördert. Und je mehr diejenigen als die Stärkeren und damit die „besseren Bürger“ gelten, die sich diesem Neoliberalismus und insbesondere dem Sozialdarwinismus von Hartz IV mit seiner zur Staatsethik erhobenen Eigenverantwortung unterwerfen, desto mehr erfahren Werte, man kann sie auch Tugenden nennen, einen dramatischen Verlust. Es ist ein Haifischbecken, in dem es um das nackte Überleben geht. Aber niemand hat etwas davon, wenn Gruppen gegeneinander ausgespielt werden oder sich selbst gegeneinander aufbringen. Und genau dieses lenkt von den eigentlichen Missständen ab.

Was wir brauchen ist eine breite Solidarität, funktionierende Netzwerke und vielleicht ein bisschen weniger rein verbalen Facebook-Aktivismus und stattdessen Aktionen vor Ort – und das auf allen Ebenen. Gefordert sind insbesondere Parteien, Gewerkschaften, (Sozial)-Verbände, Erwerbsloseninitiativen, Betroffene und Nichtbetroffene. Denn derzeit gilt: Jedes 6. Kind ist von Armut betroffen, die Langzeitarbeitslosigkeit steigt und Sozialleistungsberechtigte haben verloren.

In diesem Sinne wünsche ich uns eine starke Gemeinschaft, den Mut, die Kraft und die Ausdauer aufzustehen und sich nicht weiter zu verstecken. Bedanken möchte ich mich auch bei allen, die Menschen helfen, den Alltag etwas erträglicher zu gestalten – auch im Umgang mit den Jobcentern, Grundsicherungsämtern und Ausländerbehörden.

Liebe Grüße

Inge Hannemann
Weg mit der #Agenda2010

Quelle: via @Altonabloggt, December 31, 2015 at 12:55PM

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