Mittwoch, 23. September 2015

Bündnis gegen Arbeit. Die alte Arbeitswelt will aus den Köpfen einfach nicht verschwinden (..)

Wer erwerbslos wird, hat nicht mehr viele Verbündete. Die Gewerkschaften fühlen sich nur für die Arbeitenden zuständig, der Bundeskanzler will vor allem eine optimistischere Statistik. Was tun? Sich mit sich selbst verbünden. Und glücklich sein.

Ein Leichnam beherrscht die Gesellschaft – der Leichnam der Arbeit. Alle Mächte rund um den Globus haben sich zur Verteidigung dieser Herrschaft verbündet: der Papst und die Weltbank, Tony Blair und Jörg Haider, Gewerkschaften und Unternehmer, deutsche Ökologen und französische Sozialisten. Sie alle kennen nur eine Parole: Arbeit, Arbeit, Arbeit!

(Manifest gegen die Arbeit, Gruppe Krisis, 1999) Macht euch nicht Sorge für euer Leben, was ihr essen oder trinken, noch für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung? Seht auf die Vögel des Himmels! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen, und euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel wertvoller als sie?

(Matthäus 6.25 und 26) Wer kennt sie nicht, jene jungen, mitunter kräftigen Männer, die immer dann kommen, wenn der Wirt gerade die warme Pizza serviert hat. Mit dem leckeren Duft steigt der Appetit. Gerade setzt man voller Freude das Messer zur ersten Schnitte an, da ertönt von der Seite eine leise, schüchterne Stimme: “Entschuldigen Sie, könnten Sie vielleicht einem Obdachlosen ohne Arbeit und Geld mit ein paar Mark für ‘ne warme Mahlzeit aushelfen?” Die Situation ist treffsicher gewählt, das schlechte Gewissen so groß wie der Appetit. Und wer kann da so hartherzig sein und ein kaltschnäuziges “Nein” über die Lippen bringen oder gar die Gegenfrage: “Haben Sie’s schon mal mit Arbeit versucht?” Guillaume Paoli, 42, ist glücklich und erwerbslos. “Ich habe gar keine Zeit, um zu arbeiten”, sagt der Berliner. “Ab und zu habe ich mal gejobbt, aber noch nie eine richtige Arbeit gehabt.” Anstatt morgens in die Firma zu hasten, schläft Paoli gern aus, spielt Saxofon, trifft Freunde und philosophiert. Wenn ihm das Arbeitsamt einen Job anbietet? “Das kommt gar nicht vor, aber notfalls kann man seine Unfähigkeit auch inszenieren.” An die Rente will er noch nicht denken. “Dann fange ich vielleicht mit 65 an zu arbeiten”, scherzt er. Inzwischen ist der Faulenzer berühmt geworden, hat Schriften gegen die Arbeit geschrieben, hält Vorträge und Lesungen. Das gefällt ihm. “Das ist ja keine Arbeit.” Nathalie, 29, hat Werbekauffrau gelernt und auch drei Jahre lang in ihrem Beruf gearbeitet. Bis vor kurzem lebte sie von der Arbeitslosenhilfe, zwei Jahre lang, obwohl sie zu den Qualifizierten auf dem Arbeitsmarkt gehört und durchaus Chancen hat. Doch die junge Frau hat etwas, was ihr mehr am Herzen liegt: “Vor fünf Jahren habe ich mit Karate angefangen. Und das ist mein Leben. Das hat absolute Priorität.” Das Training beginnt schon am frühen Abend, zu früh für eine Werbekauffrau mit Arbeitsplatz. “Wenn ich arbeiten würde, könnte ich auf keinen Fall regelmäßig zum Training gehen”, konstatiert Nathalie. “Ich hätte gern einen Halbtagsjob, aber den gibt es nicht. Sollte ich also Karate aufgeben, nur um Arbeit zu haben?” Auch am Geld liegt ihr nicht viel: “Was habe ich vom Geld, wenn ich mich dafür völlig verbiegen müsste. Ausgeben kann ich es sowieso nicht in so einem Job. Dafür bleibt keine Zeit.” Durch Zufall fand Nathalie im Frühjahr dann doch noch einen Job nach Maß, Honorarkraft mit freier Zeiteinteilung.

Ein König hatte drei Söhne, die waren ihm alle drei gleich lieb, und er wusste nicht, welchen er zum König nach seinem Tod bestimmen sollte. Als die Zeit kam, dass er sterben wollte, rief er sie vor sein Bett und sprach: “Liebe Kinder, ich habe etwas bei mir bedacht, das will ich euch eröffnen: Welcher von euch der Faulste ist, der soll nach mir König werden.” (Die drei Faulen, Grimms Märchen) Welcher von den beschriebenen Faulen würde das Reich des Königs aus Grimms Märchen wohl erben? Gewiss keiner, denn dem König wären sie alle drei noch nicht faul genug. Auch bei Bundeskanzler Gerhard Schröder hätten die drei Faulen schlechte Karten. Nachdem der Regierungschef im April verkündet hatte, es gäbe kein Recht auf Faulheit, war der Aufschrei in der linksliberalen Öffentlichkeit groß: bei Sozialwissenschaftlern, Arbeitsvermittlern, in der “Frankfurter Rundschau” und der “Taz”. Selbst der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit rechnete nach und präsentierte Zahlen: Den knapp 3,9 Millionen registrierten Erwerbslosen standen im April rund 580000 offene Stellen gegenüber. Selbst wenn also jeder mutmaßliche Drückeberger arbeiten wollte und im Idealfall sogar für jede offene Stelle qualifiziert wäre, blieben weiterhin 3,4 Millionen Erwerbslose zu alimentieren.

Durch Arbeitswillen entstehen keine Arbeitsplätze. 79 Prozent aller Langzeiterwerbslosen sind aufgrund ihres Alters, fehlender Ausbildung oder gesundheitlicher Beeinträchtigung bei den Unternehmen nicht gefragt. Von den 1,3 Millionen Arbeitslosen, die bereits länger als ein Jahr Däumchen drehen, bleiben also gerade mal rund 260 000 Kandidaten übrig, die für den Arbeitsmarkt tatsächlich in Frage kommen. Aber ob ein qualifizierter Vier-Sterne-Koch unbedingt in einer Würstchenbude arbeiten sollte, nur damit er Arbeit hat, lässt sich mit den Zahlen nicht beantworten. Und wen wundert es, wenn “unwillige” Arbeitslose sich um einen Job im Lager drücken, der gerade mal 1800 Mark netto verspricht und damit kaum mehr als die Arbeitslosenhilfe? “Die wagen ganz ökonomisch ab, was bringt mir welchen Output bei welchem Input”, sagt Heinz Strang, Professor für Sozialpädagogik an der Universität Hildesheim. “Wenn ich in so einer Lage wäre, dann wüsste ich auch nicht, ob ich solche Arbeiten annehmen würde. Das bringt mich doch nicht weiter.” Da sprach der älteste Sohn: “Vater, so gehört das Reich mir, denn ich bin so faul, wenn ich liege und will schlafen, und es fällt mir ein Tropfen in die Augen, so mag ich sie nicht zutun, damit ich einschlafe.” “Seit 150 Jahren steigt die pro Kopf erwirtschaftete Gütermenge, und zugleich sinkt das Arbeitsvolumen”, schreibt das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn. “Pro Stunde werden heute in Deutschland 71 Prozent mehr Güter und Dienste erzeugt als 1973, reichlich sechsmal so viel wie 1950 und zwölfmal so viel wie 1900.” Angesichts der rasant steigenden Arbeitsproduktivität ist es kein Wunder, dass längst nicht mehr alle erwerbsfähigen Menschen nach wie vor acht Stunden am Tag regelmäßig arbeiten können. Auch beste Wachstumsraten helfen seit 30 Jahren nicht viel weiter. Obwohl in den vergangenen 27 Jahren das durchschnittliche Wirtschaftswachstum doppelt so hoch war wie im 19. Jahrhundert, ist die Vollbeschäftigung immer weiter in die Ferne gerückt. Zuletzt gab es sie Anfang der siebziger Jahre.

Wären seitdem nicht Millionen von Vollzeitarbeitsplätzen in Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt worden, läge die Erwerbslosenzahl in Deutschland bei elf Millionen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erwartet selbst bei einer Fortsetzung des konjunkturellen Aufschwungs, der inzwischen ins Stocken geraten ist, für das kommende Jahr nur einen geringen Abbau der Erwerbslosigkeit auf 3,5 Millionen. Auch bis 2010 dürfte sich die Lage kaum wesentlich verbessern. Künftig werde der Arbeitsmarkt vor allem durch die Vergreisung der arbeitsfähigen Bevölkerung entlastet. Statt der Arbeitslosenversicherung muss die Rentenversicherung den Unterhalt zahlen. Problemverschiebung.

Seit den siebziger Jahren, der Zeit, in der die großen Beschäftigungsträger wie Stahl, Bergbau und Textilindustrie in die Krise gerieten, wird das “Ende der Arbeit” beschworen. Gegen diese Dauerklage setzt der österreichisch-französische Soziologe Andre Gorz die Forderung, die verbliebene Erwerbsarbeit gerechter zu verteilen und ethisch neu zu bewerten: “Wie müssen den Mut aufbringen, den Exodus aus der Arbeitsgesellschaft zu wagen. Sie besteht nicht mehr und kehrt auch nicht wieder zurück. Wir müssen sie begraben, statt ihr nachzutrauern”, schreibt Gorz. “Die Arbeit kann dann ganz natürlich zu einer Dimension des Lebens unter vielen werden. Sie kann mit einer Reihe von anderen Aktivitäten einhergehen und sich abwechseln.” Nathalie, die für ein paar Jahre Karate der Erwerbsarbeit vorzieht, wäre für Gorz vielleicht ein Prototyp der neuen Gesellschaft.

Die Ideen von Andre Gorz haben schon ganze Generationen von Studenten und Sozialwissenschaftlern inspiriert. An den Spitzen von Politik und Gewerkschaften sind sie nach wie vor ein Tabu, schließlich würden sie eingeschliffene Weltbilder in Frage stellen: Gorz fordert ein “bedingungsloses soziales Grundeinkommen” für jeden Bürger, das die herkömmlichen sozialen Sicherungssysteme ersetzen soll.

Wer aber soll das bezahlen? Dieses Problem sieht auch Gorz und denkt die gegenwärtige wirtschaftstechnologische Entwicklung ein paar Schritte weiter. Wie die Steigerung der Produktivität zeigt, nimmt die menschliche Arbeitskraft in der Herstellung gesellschaftlichen Reichtums einen immer kleineren Stellenwert ein. Dieser Stellenwert wird künftig noch weiter schwinden, etwa mit der vollen Entwicklung und Nutzung der Nano-Technologie. “Das Prinzip, nach dem jeder seiner Arbeit entsprechend bezahlt wird, ist überholt”, konstatiert Gorz. “Die Distribution der Zahlungsmittel muss dem Umfang des gesellschaftlich produzierten Reichtums entsprechen und nicht dem Umfang der geleisteten Arbeit.” Andernfalls gerate die Gesellschaft in den absurden Zustand, in dem sie zwar technisch in der Lage ist, eine paradiesische Fülle von Gütern und Dienstleistungen zu erzeugen – dennoch müssten alle hungern, weil ihre Arbeitskraft für diesen Reichtum leider nicht mehr benötigt wird. Anstatt der Arbeitszeit werde, so Gorz, Intelligenz und Phantasie zur Hauptproduktivkraft.

Aber wie produziert die Gesellschaft Intelligenz und Phantasie? Einerseits durch formale Ausbildung, aber auch durch Bedingungen und Aktivitäten, die sich nicht standardisieren, steuern und verwalten lassen. “Diese Produktion vollzieht sich an den Arbeitsstätten ebenso wie in Schulen, Cafes, auf Sportplätzen, in Diskussionsgruppen, bei Reisen …”, folgert Gorz. Kurz: Die für die neue Wirtschaft notwendige Intelligenz und Phantasie braucht ein gesellschaftliches Umfeld mit kulturellem Reichtum und Vielfalt, braucht freie Menschen, die sich in Muße bilden und weiterentwickeln können. Und dafür ein garantiertes Grundeinkommen, das den Menschen von der lähmenden Existenzangst befreit.

Die deutsche Wirklichkeit ist noch weit von diesen Gedanken entfernt. Doch es gibt eine arbeitsethische Subkultur. Einer der provokativsten Texte dürfte das “Manifest gegen die Arbeit” sein. Die Verfasser, die Gruppe Krisis um den Erlanger Philosophen Robert Kurz, sehen das Grundproblem der Erwerbslosigkeit und ihrer Zukunft ganz ähnlich wie Gorz. Sie spitzen es aber zu und fassen es eleganter, etwa so: “Der Verkauf der Ware Arbeitskraft wird im 21. Jahrhundert genauso aussichtsreich sein wie im 20. Jahrhundert der Verkauf von Postkutschen. … Gerade in ihrem Tod entpuppt sich die Arbeit als die totalitäre Macht, die keinen anderen Gott neben sich duldet.” Kurz und seine Krisis-Genossen sind keineswegs faule Gesellen. Sie haben bereits ganze Bücherregale voll geschrieben, um das “Gespenst der Arbeit” endlich aus den Köpfen der Menschen zu verjagen. Sie verteidigen die “selbstbestimmte menschliche Tätigkeit”. Der Begriff Arbeit hingegen beziehe sich seinem Ursprung nach auf die Tätigkeit des unmündigen Menschen, führt die Gruppe Krisis aus. “Laborare bedeutet im Lateinischen so viel wie Schwanken unter einer schweren Last und meint allgemein gefasst das Leiden und die Schinderei des Sklaven.” In Berlin wollen sich rund 50 Leute aus voller Überzeugung schon seit fünf Jahren auf die faule Haut legen. Die “Glücklichen Arbeitslosen”, wie sie sich nennen, kämpfen für ein “Recht auf Faulheit”. Doch sie kommen nicht zur Ruhe. “Wir waren erwerbslos und haben uns gut gefühlt. Da haben wir gedacht, das sollten wir öffentlich machen”, erinnert sich Müßiggänger Guillaume Paoli. “Dann haben sich ständig Leute bei uns gemeldet, die neugierig darauf waren.” Um diese über ihre Ideen zu informieren, gründeten die Faulenzer eine Zeitung, den “Müßiggängster”. Vor zwei Jahren besetzten sie in Berlin Arbeitsämter und besuchten Restaurants mit dem Appell: “Wir sind geldlos und wollen mal kostenlos essen”, berichtet Paoli.

Manchmal hätte das sogar geklappt. Im Mai veranstaltete die Berliner Volksbühne ein Kulturwochenende unter der Losung “Ein Recht auf Faulheit”. Paoli legte sich mit seinem bunten Hawaii-Hemd auf der Bühne ganz faul auf eine Luftmatratze und las seine Poesie über den Müßiggang. Kabarettisten veralberten den “Start-up-Crash der New Economy”, ein Pastor referierte über den Stellenwert der Muße in der Bibel, und Berufskritiker Oskar Negt benannte das aktuelle Problem so: “Die alten Werte und Normen verlieren ihre Grundlage, aber neue sind noch nicht vorhanden.” Die Thesen der Glücklichen Arbeitslosen müssen jeden gewissenhaften Arbeitnehmer auf die Palme bringen – sollen sie auch. “Ich wurde entlassen, geil! Endlich habe ich Zeit, jeden Tag auf Partys zu gehen …”, steht salopp in ihrem Manifest und: “Was passiert, wenn ein Konzern ankündigt, dass er so und so viele Arbeitsplätze vernichtet … die Aktien steigen, und bald darauf wird die Bilanz die entsprechenden Gewinne aufweisen. Auf diese Weise schaffen die Erwerbslosen mehr Profit als ihre Ex-Kollegen. Logischerweise müsste man also dem Erwerbslosen dafür danken, dass er wie kein anderer das Wachstum fördert.” Gern berufen sich die Glücklichen Erwerbslosen auf den Schwiegersohn von Karl Marx, den Pariser Kommunarden Paul Lafargue. Dieser hatte bereits 1883 seine Schrift “Das Recht auf Faulheit” veröffentlicht. Als Entgegnung auf das 1848 proklamierte Recht auf Arbeit forderte er, “ein ehernes Gesetz zu schmieden, das jedermann verbietet, mehr als drei Stunden pro Tag zu arbeiten.” Lafargue war schon damals entsetzt über die Arbeiterklasse, die von einer “seltsamen Sucht beherrscht” wird, und von der Arbeiterbewegung, die ein solches Recht auf Arbeit aus eigenen Willen erkämpft hatte. Er rechnete dem Proletariat vor, wie es durch seinen eigenen Arbeitsfleiß dem Kapital dabei hilft, dessen Macht und Reichtum zu vermehren und die eigene Abhängigkeit zu vergrößern. Die Schrift endet mit dem Seufzer: “O Faulheit, erbarme Du Dich des unendlichen Elends! O Faulheit, Mutter der Künste und der edlen Tugenden, sei Du der Balsam für die Schmerzen der Menschheit!” Das Buch von Lafargue erscheint im kommenden Herbst neu im Rotbuch-Verlag.

Der kreative Müßiggang ist ein Lebensstil, der typisch zu Berlin passt und so wohl kaum auf andere Regionen übertragbar sein dürfte. Gerade im Stadtteil Kreuzberg, der Hochburg der Glücklichen Erwerbslosen, hat die kultivierte Faulheit Tradition. Schon vor 20 Jahren war Kreuzberg Sammelpunkt für Aussteiger und Lebenskünstler. In den damals besetzten Häusern kostete das Wohnen kaum Geld. Auch Mietwohnungen gab es für um die fünf Mark pro Quadratmeter. Den Döner konnte man schon für drei Mark kaufen. Bis heute sind die Lebenshaltungskosten in Kreuzberg relativ niedrig. Gute Bedingungen für Freiräume.

Der zweite sprach: “Vater, das Reich gehört mir, denn ich bin so faul, wenn ich beim Feuer sitze, mich zu wärmen, so ließe ich mir eher die Fersen verbrennen, eh’ ich die Beine zurückzöge.” Für Freiräume, anders zu arbeiten und zu leben, kämpft Philosophie-Professor Frithjof Bergmann schon seit Ende der siebziger Jahre in den USA. Damals hatte er einen Lehrstuhl an der Universität von Michigan in Ann Arbor angenommen, um ganz dicht bei Flint in der Nähe von Detroit zu sein. Die Automobilindustrie steckte in der Krise. General Motors musste Kosten sparen und Tausende von Arbeitern entlassen.

Die Manager suchten den Rat eines Außenstehenden. Bergmann dozierte in den Krisensitzungen und drängte die Konzernbosse immer wieder, anstatt die Menschen auf die Straße zu werfen, ihnen eine Teilzeitbeschäftigung zu geben und die Möglichkeit, in der freien Zeit nach jener Arbeit zu suchen, “die sie wirklich, wirklich wollen”. Die Manager konnten mit so viel Idealismus nicht allzu viel anfangen. Sie wollten etwas Konkretes sehen. Vom Arbeitsamt nebenan ließen sie einen Kandidaten aus der Warteschlange rufen, um mal zu sehen, was ein solcher Mensch jenseits von Fließband und Maschinen denn “wirklich, wirklich will”. Der junge Mann war schlecht gekleidet, entsprach durchaus dem Klischee eines Losers und wirkte sogar depressiv. Von Beruf war er technischer Zeichner und hatte auch Ingenieurwissenschaften studiert. Auf die Frage, was er denn “wirklich, wirklich gern” tun würde, antwortete er mit plötzlich strahlenden Augen und fester Stimme; “Kung Fu.” Den Managern wurde bei dieser Vorstellung offenbar klar, dass sich Menschen mit all ihren Kräften engagieren können, wenn sie das tun können, was sie “wirklich, wirklich wollen”. Die Verwaltung und Finanzierung erzwungener Faulheit hingegen kostet viel Geld und lässt kreative Potenziale der Gesellschaft verkümmern. General Motors erklärte sich bereit, ein Zentrum für Neue Arbeit mitzufinanzieren: Menschen, die vorher jahrelang am Fließband gestanden hatten, fingen an, Bücher zu schreiben, an der Universität zu studieren oder kreative Tänze zu erlernen.

Mit seinem Begriff Neue Arbeit meint Bergmann, dass erstens die übrig gebliebene Erwerbsarbeit auf dem Arbeitsmarkt gerecht verteilt werden soll, zweitens dadurch die Menschen viel Zeit gewinnen, um ihren Leidenschaften nachzugehen und drittens, dass die notwendige Erwerbsarbeit für den Einzelnen durch “high-tech-self-providing” erheblich reduziert werden kann. Bei der Selbstversorgung auf hohem technischen Niveau schweift der Philosoph mitunter ins Utopische ab, zum Beispiel, wenn er meint, in Zukunft könnten wir unsere Kleidung zu Hause am PC produzieren. Die Körpermaße ließen sich einscannen, und die Software berechne den Zuschnitt. Den Rest mache eine Maschine dann ganz allein.

Der gebürtige Sachse hat auch längst bundesweit eine Schar glühender Anhänger gefunden. In den Neunzigern sprangen Projekte, die sich auf den Begriff Neue Arbeit beriefen, wie Pilze aus dem Boden. Manche sind gescheitert, bei anderen blieb es beim Denken und Wollen. Steffen Schwarzer, 29, hatte 1995 im thüringischen Mühlhausen den Verein Eigenart gegründet. “Das waren alles erwerbslose Jugendliche, die keinen Bock hatten, in der alten Arbeitsgesellschaft zu arbeiten” , erinnert sich der gelernte Landschaftsgärtner. Inspiriert durch die Ideen Bergmanns, wollten sie sich “mit Eigeninitiative und Eigenarbeit eine Existenz aufbauen”. In den neu geschaffenen Wohnungen hatten die Jugendlichen vor zu wohnen, ihr Geld mit Abriss, Recycling und Lehmbau zu verdienen. Die Kirche verpachtete dem Verein ein leer stehendes Pfarrhaus. Der Kreis, das Land, die Bundesanstalt für Arbeit und die Bosch-Stiffung ließen locker die Gelder fließen.

“In anderthalb Jahren hatten wir bereits zwei Häuser entkernt, auseinander genommen und wieder fertig gestellt”, berichtet Schwarzer. “Doch die Gruppenstruktur ist daran zerbrochen.” Der Grund: “Wir hatten uns mit dem Arbeitsamt eingelassen und mussten dann zu viele Kompromisse machen.” Die Behörde hatte der siebenköpfigen Kerngruppe weitere sieben ABM-Stellen finanziert. Aber damit schlichen sich wieder die Konturen der alten Arbeitswelt in die Insel der Neuen Arbeit ein: Es musste ein Verantwortlicher benannt werden, der die ABM-Kräfte anleitet. “Das war vom Arbeitsamt so vorgegeben”, sagt Schwarzer. “Derjenige war ich, und ich hatte plötzlich unheimliche Macht, was ich gar nicht wollte.” Auch die branchenüblichen Arbeitszeiten mussten eingehalten werden: “Spätestens um acht Uhr war Arbeitsbeginn. Das hat das Arbeitsamt kontrolliert.” So verwandelte sich das ganzheitlich gedachte Arbeitsprojekt bald zur üblichen Jobmühle. Für gemeinsame Gruppendiskussionen blieb keine Zeit mehr. “Die Leute, die uns das Arbeitsamt geschickt hatte, und die Kerngruppe ließen sich einfach nicht unter einen Hut bringen”, resümiert Schwarzer. “Diese Leute wollten einfach nur ihren Job machen, das andere interessierte die nicht.” Steffen Schwarzer strich die Segel. Die alte Arbeitswelt will aus den Köpfen einfach nicht verschwinden. Neue Arbeit setzt aber auch ein neues Arbeitsbewusstsein voraus.

Der dritte sprach: “Vater, das Reich ist mein, denn ich bin so faul, sollte ich aufgehängt werden und hätte den Strick schon um den Hals und einer gäbe mir ein scharfes Messer in die Hand, damit ich den Strick zerschneiden könnte, so ließ ich mich eher aufhängen, bevor ich meine Hand erhöbe zum Strick.” In Köln fand Schwarzer ein Projekt, das schon seit Mitte der achtziger Jahre die Strukturen der Neuen Arbeit erfolgreich praktiziert: die Sozialistische Selbsthilfe Mühlheim (SSM). Auf staatliche Gelder hat sich die SSM von vornherein nicht eingelassen und damit ihre internen Strukturen geschützt.

Die Vorgeschichte des Kölner Projekts reicht zurück bis ins Jahr 1969. Schon damals hatten sich Studenten und Aktivisten der 68er-Bewegung mit ehemaligen Fürsorgezöglingen beschäftigt und sie später in selbst verwaltete Betriebe integriert. Im Stadtteil Mühlheim besetzten 1979 Leute aus diesem Umfeld eine leer stehende Schnapsbrennerei. Das Gebäude war bereits weitgehend zerfallen, die Dächer löchrig, das Gebälk wurmstichig. In jahrelanger Eigenarbeit machten die Besetzer aus der Fabrikruine eine komfortable Wohnstätte, bauten Dachböden aus, installierten Toiletten und Bäder. So entstand mietfreier Wohnraum für 20 Menschen und damit eine wesentliche Grundlage: Für die Miete brauchen sie nicht mehr zu arbeiten, das spart ihnen Zeit für das, was sie “wirklich, wirklich wollen”. Gunnar spielt Schlagzeug, Heinz veranstaltet Lesungen und Diskussionsabende. Michael besucht öfter andere Projekte, pflegt den Austausch und hält Vorträge.

Das nötige Kleingeld verdienen sich die Neuen Arbeiter mit Umzugsservice, Möbeltransport und Wohnungsentrümpelung. Möbel, die noch brauchbar sind und ihnen überlassen werden, bieten sie zum Kauf in ihrem Lager an. Auch mit alten Büchern und gebrauchten Kleidungsstücken verdienen sich die SSMler ein paar Mark. Rund 300 000 Mark Umsatz machen sie alles in allem im Jahr. Bereits 1993 hat die Stadt mit der SSM einen Pachtvertrag abgeschlossen und damit das Projekt legalisiert. Doch unterm Strich brauchen die Ex-Besetzer noch immer keine Pacht zu zahlen. Steffen Schwarzer rechnet vor: “Dadurch, dass wir zwei geistig Behinderte und ehemalige Junkies aufgenommen haben, ersparen wir der Stadt viele Kosten. Wer hier wohnt, darf keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Dafür wurde uns schon die Hälfte der Pacht erlassen. Den Rest wohnen wir ab.” Schließlich haben die ehemaligen Besetzer Wohnraum geschaffen, dazu noch für Menschen, denen ansonsten eine staatlich hoch subventionierte Sozialwohnung zusteht. Die Wohnraumförderung, die die Stadt damit eingespart hat, wurde der SSM gutgeschrieben.

Auch die Lebenshaltungskosten für die Beteiligten halten sich in engen Grenzen. “Für Möbel und Kleidung brauchen wir kein Geld”, kalkuliert SSM-Veteran Michael Birkenbeul. Mittags essen alle gemeinsam im Gruppenraum. Einer kocht für alle. Für den persönlichen Bedarf bekommt jedes Mitglied zweimal die Woche 50 Mark, 400 Mark pro Monat. Aber, darauf legt Birkenbeul großen Wert: “Das ist kein Lohn. Wenn mein 14-jähriger Sohn am Wochenende hier ist, der wohnt sonst bei seiner Mutter, dann kriegt der am Freitag auch seine 50 Mark ausgezahlt.” Im Gegensatz zur alten Arbeitswelt ist das Taschengeld in der SSM nicht an die Arbeitsleistung gekoppelt. Jede Tätigkeit, die im Projekt ansteht, ist gleich viel wert, ob Möbel schleppen, Buchführung oder Kochen. Ob politische Kampagnen organisiert, der Hof gefegt oder eine Doktorarbeit geschrieben werden: Alle Arbeiten sind Teil eines gesamten Projektes und gelten als gleichwertig. Über die Verteilung der Tätigkeiten diskutiert die Gruppe jeden Morgen ab neun Uhr. Es sind zwei Milieus, die zueinander gefunden haben: zum einen qualifizierte und studierte Aussteiger, zum anderen ehemals Gestrandete, potenzielle und ehemalige Sozialfälle, die in der SSM wieder ein geordnetes Leben rühren und dem Sozialstaat nicht auf der Tasche liegen.

Michael Birkenbeul, schon seit 16 Jahren in der SSM, gehört irgendwo dazwischen. Gelernt hat er Fernmeldemechaniker. “Damals mit 14 hatten die Eltern die Lehrstelle für mich ausgesucht. Aber dieser Beruf hat mich null interessiert.” Sofort nach der Gesellenprüfung schmiss Michael seine Lehrbücher in die Wupper. Dann folgte eine Umschulung zum Koch und viele Jahre mit ständig wechselnden Jobs. “Nach einer gewissen Zeit wurde mir das jedes Mal langweilig. Dann musste ich raus, was Neues suchen.” Drei- oder viermal war Michael schon obdachlos, hat Platte gemacht. “Aber nie länger als eine Woche.” Dann hat er sich wieder am Riemen gerissen, neue Jobs in Küchen gefunden, wieder geschmissen, neu angefangen. Auch selbstständig war er mal, mit einem eigenen Restaurant. “Das war noch viel schlimmer. Da musste ich schon morgens um sieben anfangen und konnte erst nachts um eins aufhören.” Persönliche Beziehungen gingen in die Brüche. Mit seinen 54 Jahren wäre Birkenbeul, ohne die SSM, heute wahrscheinlich einer derjenigen, die zu Tausenden die Arbeitsämter bevölkern, einer jener hoffnungslosen Fälle: ausgelaugt, frustriert, für die neuen Edelrestaurants zu alt und für einen Job in einer Imbissbude kaum noch zu motivieren.

Giesela Emons, 40, gehört zu den Überqualifizierten. Sie hat nicht nur Bürokauffrau gelernt, sondern auch Politikwissenschaften, Philosophie und Pädagogik studiert. Bei Bayer-Leverkusen war sie mal Sekretärin in der Chefetage – ein begehrter Job: “Doch dieses Chef-Angestellten-Verhältnis hat mich gestört”, sagt sie. “Da wurde Eigeninitiative bestraft. Dort hieß das Kompetenzüberschreitung. Hier bei der SSM ist gerade das gefragt.” Giesela kümmert sich nicht nur um die Buchhaltung im Projekt, sondern bildet auch den 26-jährigen Clemens zum Bürokaufmann aus, nachdem so einige Lehrstellen gescheitert waren. In den konventionellen Lehrbetrieben hatte er immer wieder nach kurzer Zeit das Handtuch geworfen – kein Bock. “Diese Leute werden wieder arbeitsfähig und können Verantwortung übernehmen durch die neuen sozialen Bezüge, die wir haben. Sie werden von der Gruppe getragen und können sehen, dass sie etwas können, was anerkannt wird. Das ist für viele eine neue Erfahrung.” Auch Gunnar, 20 Jahre alt, hat in der SSM erstmals in seinem Leben eine Perspektive gefunden. Vorher hatte er “die Schule total boykottiert”, sagt er. Die Lehre als Holzmechaniker brach er schon nach sechs Monaten ab, weil er “diesen Scheiß nicht hören konnte von den alten Kollegen, die meinten, sie hätten sich schon zwei Finger abgesägt und könnten noch immer nicht in Rente gehen.” Gunnar gammelte stattdessen vor dem Dom herum: “Haste mal ‘ne Mark?” Arbeit? Nein, danke. “Aber das war furchtbar langweilig”, erinnert sich der Bunthaarige. “Dieses Gefühl, überhaupt keine Aufgabe zu haben, brachte mich zum Platzen. Dann hatte ich immer wieder Depressionen.” Gegen Arbeit an sich hätte er ja nichts einzuwenden gehabt, argumentiert er. “Aber nicht so, wie sie in der Welt verstanden wird.” Die selbst organisierte Arbeit mit wechselnden Aufgaben und hoher Eigenverantwortung “ist genau das, wo ich mich wohl fühle. Was anderes kann ich mir gar nicht mehr vorstellen”.

“Die Industrie- und Handelskammer hat uns schon gefragt, ob sie uns nicht ein paar mehr von den hoffnungslosen Fällen schicken könne, die sonst überall scheitern”, erzählt Michael. Doch im Moment ist der Wohnraum in der Düsseldorfer Straße 74 voll belegt. Aber draußen im Stadtteil Ossendorf, in einer ehemaligen Kaserne, entsteht zurzeit ein weiteres Projekt Neuer Arbeit. Michael und seine Mitstreiter haben es initiiert und eine Reihe Verbündete gefunden, um es zu realisieren: 20 ehemals erwerbslose Jugendliche bauen jetzt die alten Kasernengebäude in Wohnungen um. Später sollen sie darin wohnen und einen gemeinsamen Naturbau- und Service-Betrieb einrichten, um auch ihren Lebensunterhalt selbstständig bestreiten zu können.

Derzeit wohnen die Jugendlichen noch in Bauwagen auf dem Gelände und bauen sich ihr Gemüse im eigenen Garten an. Und kämpfen gegen bürokratische Hürden: “Es ist einfach widersinnig: Da gibt die Stadt den jungen, kräftigen Leuten lieber Geld, damit sie auf der Domplatte rumsitzen können, anstatt ihnen ‘ne Schippe zu geben, damit sie wenigstens ihre eigene Wohnung bauen können”, schimpft Rainer Kippe, Sozialarbeiter und bei SSM.

Gewiss, je größer die Gruppe, die mit der Neuen Arbeit experimentiert, desto größer die Probleme. Ihr Sozialgefüge käme wahrscheinlich ins Wanken, wenn die SSM höher qualifizierte Dienstleistungen und technische Produkte auf dem Markt anbieten würde, etwa Web-Design, Solaranlagen oder asiatische Heilpraktiken. Könnten sie dann noch jeden Morgen alle Tätigkeiten innerhalb der Gruppe neu verteilen? Würde sich dann wieder eine Elite von qualifizierten Spezialisten herausbilden, während der Rest nur noch Möbel schleppen darf? Wenn ja, dann würde die Monotonie mit Sicherheit wieder Einzug halten und Gunnar vor dem Dom wieder betteln gehen. Und überhaupt, würden technische Spezialisten, die in der alten Arbeitswelt viel Geld verdienen, mit 400 Mark Taschengeld im Monat zufrieden sein?

Probleme finden sich in den Modellen der Neuen Arbeit viele. Einfacher ist es, kraftvolle Sprüche zu kloppen. Anpacken! Nicht hängen lassen! Doch grundsätzliche Probleme der Arbeitswelt lassen sich damit kaum lösen. Die Dänen haben in der Vergangenheit mehr Phantasie gezeigt. Beim nördlichen Nachbarn gab es in den neunziger Jahren ein limitiertes Recht auf Faulheit, auch wenn es so nicht genannt wurde: Damals hatte Dänemark noch eine Arbeitslosenquote von mehr als zehn Prozent.

Die Regierung beschloss, radikal umzudenken und das geschrumpfte Arbeitsvolumen gerechter zu verteilen. 1994 startete sie eine “Urlaubsoffensive”. Versicherungspflichtige Beschäftigte über 25 Jahre konnten sich bis zu einem Jahr freiwillig in die soziale Hängematte legen. Die Freistellung für Weiterbildung wurde schrittweise sogar bis auf 80 Wochen verlängert. Die frei gewordenen Stellen konnten zu 75 Prozent von unfreiwilligen Erwerbslosen besetzt werden. So kam jeder zu seinem Recht.

Die einen durften arbeiten, die anderen faulenzen. Dann wurde wieder gewechselt und niemand diskriminiert. Das Sabbat-Modell hatte verschiedene Varianten. So stockte die Müllabfuhr von Aarhus die Belegschaft um 25 Prozent auf. Jeder Müllmann erhielt eine Woche pro Monat frei. Bei einer Arbeitszeitverkürzung um 25 Prozent brauchten die Arbeiter nur auf elf Prozent ihres Gehalts zu verzichten.

Zum Erstaunen des Arbeitsministers kosteten die großzügigen Sabbaticals auch den dänischen Staat nicht mehr Geld als die Finanzierung der alten Arbeitslosigkeit. Leider, würden die Glücklichen Erwerbslosen aus Berlin sagen, ist das dänische Modell später an seinem eigenen Erfolg gescheitert. Bereits 1999 hat der liebe Gott die Dänen wieder mit so viel Arbeit bestraft, dass sie sich die staatlich anerkannte Faulheit nicht mehr leisten konnten. Die Arbeitslosenquote liegt jetzt bei nur noch 4,1 Prozent.

Warum in Deutschland solche oder andere Modelle noch immer undenkbar sind? Tradition, sagt Michael Wiedemeyer von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung: “In Deutschland hat die Erwerbsarbeit einen extrem hohen Stellenwert. Dieser Arbeitsethos zieht sich durch, von Martin Luther bis in die Nazi-Zeit.” In den sechziger Jahren seien die Arbeiter stolz darauf gewesen, dass sie die gesamte Erwerbsarbeit für ihre Familien ausüben durften und die Frauen zu Hause blieben. “In keinem anderen Land außer Österreich ist die Sozialversicherung so stark an die Erwerbsarbeit gekoppelt wie hier”, konstatiert Wiedemeyer. Auch durch die arbeitswütige New Economy habe die Arbeitsideologie in den vergangenen Jahren “ein richtiges Revival” erfahren – trotz Erwerbslosigkeit und wenig Aussicht auf Besserung.

Wie der Vater das hörte, sprach er: “Du hast es am weitesten gebracht und sollst der König sein.”


Weg mit der #Agenda2010

Quelle: via @Brandeins.de, September 23, 2015 at 01:59PM

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