Samstag, 26. September 2015

Politiker lehnen das Grundeinkommen ab, weil sie Angst vor den Menschen haben

Kluge Analyse von Che Wagner zur Nationalrats-Debatte in der Tageswoche: Politiker lehnen das Grundeinkommen ab, weil sie Angst vor den Menschen haben

Aus dem Text: 
«Woher diese Angst? An manchen Stellen der Diskussion war zu erkennen, dass die Hauptursache der Angst in der prognostizierten Faulheit der Menschen liegt. Mit einem Grundeinkommen werden die Menschen faul, so die allgemeine Befürchtung. Besonders formulierte dies Peter Keller: «Es ist eine Ohrfeige für all diejenigen, die um 6 Uhr aufstehen und arbeiten.» Die meisten Voten handelten zwar davon, dass ein Grundeinkommen eine zu grosse Finanzierungslast bedeute und deswegen faktisch gar nicht einzuführen wäre.

Wenn dem so wäre, hätte die Politik ihr potentestes Merkmal, die Entscheidungsgewalt, verloren. Damit würde sie sich selbst aufgeben. Hinter vorgehaltener Hand herrscht indes Einigkeit: Die Frage ob ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzierbar ist, ist eine Frage des politischen Willens.

Was aber, wenn das Grundeinkommen eingeführt wird und die Menschen nicht mehr mitmachen, einfach faul werden? Dann findet keine Wertschöpfung mehr statt. Dann gibt es keine Steuerneinnahmen mehr und schliesslich auch kein Grundeinkommen. Die grösste Gefahr lauert für die Politiker also in den Menschen selbst.

Das Abstimmungsergebnis am Ende eines langen Diskussionstags war dann auch ein Spiegel der gegenwärtigen Verhältnisse im Parlament (146 zu 14 Stimmen gegen das Grundeinkommen). Gerade vor den Wahlen heisst es für die Parteien: Jetzt nur nichts anbrennen lassen oder zu weit aus dem Fenster lehnen. Das klare Verdikt des Nationalrats steht einer parallel gestarteten Umfrage im «Tages-Anzeiger» diametral entgegen. Dort sind 49 Prozent für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Dennoch: Die Debatte hat sich gelohnt. Das fand auch Bundesrat Berset: «Eine solche Debatte überhaupt führen zu können, hier im Schweizer Parlament, hat einen grossen Wert.»

Die Debatte hat der Idee und der Bewegung Grundeinkommen gut getan. Im Winter wird sich der Ständerat dazu äussern, dann sind die Bürgerinnen und Bürger am Zug. In der classe politique hat sich die Angst verdichtet und die Gefahr wurde identifiziert: die Menschen dieses Landes und die potenzielle Epidemie der Faulheit. Bis zur Abstimmung im Herbst 2016 wird zu erleben sein, ob und wie stark dieses gefährliche Volk auch Angst vor sich selbst bekommt.»
Der Beitrag Politiker lehnen das Grundeinkommen ab, weil sie Angst vor den Menschen haben erschien zuerst auf Grundeinkommen.

Weg mit der #Agenda2010

Quelle: via @Grundeinkommen.ch, September 26, 2015 at 08:48PM

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