Mittwoch, 2. September 2015

Die Würde des Menschen ist unantastbar


"Die Würde des Menschen ist unantastbar"

Verantwortlich:
… so steht es zumindest im Grundgesetz der Bundesrepublik. Doch grau ist alle Theorie. Und auch das Papier der millionenhaften Auflage des Grundgesetzes ist geduldig. Mag es dort auch schwarz auf weiß geschrieben stehen – die reale Praxis ist eine andere.

Schon seit 2011 beschreitet Ralph Boes seinen ganz eigenen Weg, die Außerkraftsetzung von Grundrechten öffentlich publik zu machen und sich für eine grundgesetzkonforme Sozialgesetzgebung einzusetzen. Schon einmal hat er sich mit einem öffentlichen, von ihm so benannten, Brandbrief an die Bundeskanzlerin, den Bundespräsidenten, und die jeweilige Arbeitsministerin gewandt und hierbei die Missachtung der im deutschen Grundgesetz verbürgten Rechte angeprangert. Boes beschränkt sich dabei nicht nur auf den Sanktionsmechanismus im SGB2, auch wenn dieser der zentrale Dreh- und Angelpunkt der repressiven Hartz-Gesetzgebung ist. Er beklagt gleichfalls die faktische Außerkraftsetzung des Artikels über die Menschenwürde (Art. 1 GG) sowie weiterer, elementarer Grundrechte. Denn mittels unterschiedlicher Umstände werden ebenfalls das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), der Schutz der Familie (Art. 6 GG), das Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG), das Recht auf freie Berufswahl (Art. 12 GG) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) unterlaufen. Die Sanktionen bilden für die Umsetzung der Grundrechtsverletzungen allerdings den überaus wirksamen Hebel. Von Lutz Hausstein[*].

Trotzdem das Thema Sanktionen schon mehrfach durch massiven Druck aus der Bevölkerung gegen die weitverbreitete Ignoranz der großen, meinungsbildenden Medien in die öffentliche Diskussion gebracht wurde, blieben alle Interventionen bisher ohne konkrete Wirkung. Weder juristischenoch wissenschaftlich-publizistische Ausarbeitungen haben ein Umdenken in der Politik als gesetzgebendem Organ bewirkt. Die Entscheidung über Gesetze und deren Ausformung fällt nun einmal ausschließlich durch die Politiker im Bundestag. Lediglich die Umsetzung der Gesetze obliegt den ausführenden Stellen der Jobcenter, die allzuoft den Widerspruch zwischen Gerechtigkeit und Recht ertragen und exekutieren müssen. Mit oftmals fatalen Folgen.

Sogar die mit dem enormen Zuspruch von 91.000 Unterstützern eingereichte Petition der Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann zur Abschaffung von Sanktionen mündete letzten Endes zwar in einer Anhörung vor dem Petitionsausschuss, die jedoch außer einigen entlarvenden Phrasen anwesender Politiker keine Änderung erbrachte. Das Sanktionsregime soll einfach auf Biegen und Brechen aufrecht erhalten werden. Den traurigen Höhepunkt stellte die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) dar, indem sie qua Deklaration und ohne jeglichen Nachweis die Bestätigung der Verfassungsfestigkeit von Sanktionen durch das Bundesverfassungsgericht erklärte. Das atmete schon fast den Geist einer „Pofallanischen Erklärung“. Eine konkrete Nachfrage nach belastbaren Fakten erbrachte sodann auch … nichts. Die Petition befindet sich auch heute noch, anderthalb Jahre nach der Anhörung, „in der Prüfung“.

Diese andauernde Ignoranz von Grundrechten der Bürger durch die Politiker ist sicherlich auch ein Grund für den Rückgang der öffentlichen Aufmerksamkeit gegenüber diesem Thema, das nichtsdestotrotz das (Über-)Leben vieler betroffener Menschen überschattet. Denn nur, weil dieses Thema aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden ist, heißt das ja keineswegs, dass damit das Problem verschwunden wäre. Auch 2014 gab es wieder über eine Million Sanktionen durch die Jobcenter gegenüber Empfängern von Arbeitslosengeld. Doch weder die Politiker, die allen Widerständen zum Trotz auf einer Beibehaltung der Sanktionen beharren, noch die meisten Medien haben sich einmal die Frage gestellt, wie eigentlich ein von einer Sanktion Betroffener diese Situation zu meistern hat. Was widerfährt einem Menschen, der zuerst im Zuge des Antragsverfahrens nachweisen musste, dass er über kein nennenswertes Vermögen verfügt und er aus diesem Grund unbedingt auf soziale Sicherungsleistungen angewiesen ist und dem nun durch Sanktionen genau diese Leistungen teilweise oder gar ganz entzogen werden?

Diese Problematik hat auch Ralph Boes schon seit 2011 kontinuierlich versucht, der Öffentlichkeit näher zu bringen. Da politisch eine strikte Verweigerungshaltung zur Änderung der Gesetzeslage vorliegt und auch die Massenmedien, die eine hinreichende Anzahl Menschen in diesem Land erreichen könnten, außer gelegentlichen Einsprengseln kritisch angehauchter Anmerkungen, diesen Kurs mittragen, legte Boes in einem über vier Jahre andauernden Schriftverkehr mit dem für ihn zuständigen Jobcenter den Widerspruch zwischen der geltenden Sozialrechtsgebung sowie deren Umsetzung und dem Grundgesetz wieder und wieder offen. Diese Auseinandersetzung wurde mehrfach von Sanktionen gegen Ralph Boes, zuletzt sogar mehrfach mit 200 Prozent, begleitet, anhand derer er die Auswirkungen von Sanktionen auf die Betroffenen durch ein von ihm so bezeichnetes Sanktionshungern demonstrierte. Obgleich dieses Sanktionshungern gern immer wieder mit einem Hungerstreik gleichgesetzt wurde, handelt es sich dabei konsequenterweise nur um die strikte Umsetzung dessen, was Sanktionen für Betroffene real bedeuten. Ohne Rücklagen und nun auch ohne jegliches Einkommen können sich diese Menschen nicht das Geringste kaufen – sie müssen regelrecht hungern. Innerhalb kürzester Zeit entsteht so für sie eine existenzbedrohende Situation. Der Staat und die staatlichen Einrichtungen, die die Existenz und die Würde der Menschen zu schützen haben, machen also das genaue Gegenteil – sie entziehen den Menschen ihre Lebensgrundlage und gefährden so die Existenz und die Würde [...]

Weg mit der #Agenda2010

Quelle: via @Norbertschulze, September 02, 2015 at 10:35AM

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