Freitag, 24. Juli 2015

Umzug mit ALG II

Wer als Empfänger von ALG II umziehen muss, oder möchte, ist in der Regel auf die Hilfe der Arge angewiesen. Hier wird leicht verständlich erklärt, was zu beachten und wie vorzugehen ist. Grundlage ist der § 22 SGB II.

1. Man muss umziehen, weil die Arge zur Senkung der Kosten der Unterkunft aufgefordert hat.

Liegt diese Aufforderung vor, so muss die Arge die Kosten für die Wohnraumbeschaffung übernehmen. Was genau bedeutet das?
  • Zeitungen, gekauft wegen der Immobilieninserate, müssen bezahlt werden.
  • Selbst eingestellte Inserate zur Wohnungssuche müssen bezahlt werden.
  • Ist für die Beschaffung einer Wohnung ein Makler nötig, weil der Wohnungsmarkt angespannt ist, so ist auch dieser bei Erfolg zu bezahlen.
  • Der Umzug ist zu bezahlen. Hier arbeiten die Jobcenter sehr gerne mit Pauschalen, die in der Regel kaum reichen. Machen Sie Ihrem Sachbearbeiter klar, dass Sie durch Hartz IV Ihre Freunde verloren haben, und selbst nicht in der Lage sind, den Umzug durchzuführen. Auch mangelnde Fahrpraxis für größere Fahrzeuge ist ein Grund. Ebenso die fehlende Haftpflichtversicherung der Helfer. Bestehen Sie auf einen ordentlichen Umzug mit einer günstigen Firma. Legen Sie 3 Angebote vor.
  • Können Sie alleine umziehen, so beantragen Sie Geld für einen Mietwagen, Treibstoff, Helfer, Kartons.
  • Die Kaution muss ebenfalls von dem Jobcenter bezahlt werden, allerdings nur als Darlehen (sofern kein Vermögen eingesetzt, oder anderweitig Geld beschafft werden kann). Dieses wird monatlich mit 10% vom Regelsatz aufgerechnet. Bitte beachten Sie hierzu § 42a SGB II.
Bevor Sie jedoch umziehen können, ist einiges zu beachten.

Die neue Wohnung muss natürlich in Preis und Größe (spielt bei einigen Kommunen keine Rolle) angemessen sein. Was angemessen ist, bestimmt erst einmal das zuständige Jobcenter. Also erst genau erkundigen, schriftlich. Verlangen Sie unter Berufung von §§ 13, 14 und 15 SGB I und (sofern in Ihrem Bundesland vorhanden) dem Informationsfreiheitsgesetz die Herausgabe der Verwaltungsvorschriften zum § 22 SGB II.

Haben Sie die passende Wohnung gefunden, verlangt das Jobcenter die Vorlage des Mietvertrages zur Überprüfung. Erst wenn das Jobcenter schriftlich die Kostenübernahme bestätigt, können Sie den Mietvertrag unterschreiben und den Umzug in die Wege leiten.

Ihre alte Wohnung hatte eine Einbauküche, die zur Wohnung gehörte, die neue Küche ist leer, oder bietet nur eine Spüle? Kein Problem. Stellen Sie einen Antrag auf Erstausstattung und fügen Sie eine detaillierte Liste der benötigten Ausstattungsgegenstände auf.

Gleiches gilt auch für andere Einrichtungsgegenstände, die benötigt werden. Evtl. gab es in der alten Wohnung einen Einbauschrank in Schlafzimmer? Im Keller eine Waschküche mit Waschmaschine, die zur Mietsache gehörte? Auch hier können Sie einen Antrag auf Erstausstattung stellen.


2. Man muss umziehen, weil es einen wichtigen Grund gibt.

Was ist ein wichtiger Grund? Ein wichtiger Grund kann z.B. sein:
  • Arbeitsaufnahme
  • Gründung einer Bedarfsgemeinschaft mit einem Partner
  • Verlobung, Eheschließung
  • Gründung einer Wohngemeinschaft (Die Wohnung muss WG-tauglich sein, zwei Bäder mit WC wären optimal)
  • Scheidung, Trennung
  • Gewalt
  • Unbewohnbarkeit der Wohnung durch höhere Gewalt, Feuer, Wasser, Baufälligkeit.
  • Dokumentierte Auseinandersetzungen mit Mietern oder Vermietern, die ein friedliches Miteinander unmöglich machen.
  • Krankheit, verursacht oder begünstigt durch die Wohnumstände, die nicht zu beseitigen sind. Fluglärm, Kneipe oder Disco im Haus, keine Nachtruhe. Dadurch schwere Schlafstörungen, etc. belegbar durch ärztliche Attests.
Liegt ein wichtiger Grund vor, so ist ein Antrag auf Umzug zu stellen und ansonsten wird wie bei Punkt 1. verfahren.


3. Man will umziehen, weil man ein anderes Umfeld wünscht, dichter bei Bekannten, Verwandten oder Freunden leben möchte.

In einem solchen Fall zahlt die Arge weder Umzug, noch Kaution. Auch Erstausstattung wird dann nicht gewährt.

Zu beachten ist unbedingt, dass die neue Wohnung angemessen in Preis und Größe ist, sowie die alte Miete unter keinen Umständen überschritten werden darf. Das Jobcenter zahlt sonst nur die Kosten der Unterkunft in Höhe der alten Miete.

Eine Genehmigung für einen solchen Umzug benötigen Sie nicht. Dies gilt selbstverständlich nur dann, wenn sie Innerhalb des Geltungsbereiches der Richtlinien Ihrer Kommune, Gemeinde, Stadt, Landkreis umziehen. Bei Zuständigkeitswechsel, z.B. Umzug in ein anderes Bundesland, gelten selbstverständlich die Höchstgrenzen der Angemessenheit.


4. Umzug von so genannten U25 („Jugendlichen“, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben).
Wer in diese Gruppe fällt und noch bei seinen Eltern wohnt, darf grundsätzlich nicht ausziehen. Sollten Sie sich dennoch für einen Auszug ohne wichtigen Grund entscheiden, so erhalten sie lediglich 80% des Regelsatzes, mehr nicht. Die Kosten der Unterkunft werden nicht übernommen.
  • Wichtige Gründe für einen Umzug wären die unter Punkt 3. genannten, sowie Zerwürfnis mit den Eltern (dokumentiert durch z.B. Polizei, Jugendamt, Familienhilfe)
  • Schriftliche Aufforderung der Eltern, die Wohnung zu verlassen
  • Schwangerschaft
  • Aufnahme einer Ausbildung
  • Partnerschaft, Verlobung, Eheschließung
Wird einem Umzug zugestimmt, so ist die Erstausstattung (§ 24 SGB II) für die gesamte Wohnung zu beantragen. Dazu gehören alle Haushaltsgeräte, vom Wasserkocher bis zur Waschmaschine ebenso, wie Geschirr, Besteck, Kochtöpfe, Pfannen, Handtücher, Wäsche, Bekleidung, Lampen, Vorhänge, Schränke, Tisch Stühle, Bett etc. Also die Liste für den Erstausstattungsantrag so detailliert wie möglich erstellen. Die Bedürftigkeit wird vor Ort geprüft!

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954)

§ 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind; der für den Ort der neuen Unterkunft örtlich zuständige kommunale Träger ist zu beteiligen.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1. die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die   Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.

Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1. Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2. Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3. konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4. konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.

Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1. den Tag des Eingangs der Klage,
2. die Namen und die Anschriften der Parteien,
3. die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4. die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5. den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.

Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954)

§ 42a Darlehen

(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 1a und 4 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.

(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 24 Absatz 5 oder § 27 Absatz 4 erbracht werden.

(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 4 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.

Quelle: via @Torsten Staack, July 24, 2015 at 01:16AM (dieser Ratgeber unterliegt dem Urheberrecht. Das Verbreiten bedarf der schriftlichen Zustimmung des Autors)


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