Die Gesellschaft erlebt gerade, wie ein Bundesministerium, die Politik, mit einer ausgeklügelten Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit versucht, die Menschen zu verschaukeln. Da kritisieren sie, dass die Tätigkeit in den Jobcentern von der Öffentlichkeit nicht immer angemessen gewürdigt wird. Die Wallraff-Sendung überzeichne und stelle gezielt Negativbeispiele heraus. Da lancieren sie, dass viele Langzeitarbeitslose Unterstützung brauchen – gerade durch psychosoziale Betreuung und niedrigschwellige Einstiege. Ohne mit den Wimpern zu zucken, wird vermittelt, dass diese eine Einweisung in eine Tagesstruktur, Bewegung und Sozialverhalten benötigen. Recht haben sie, wenn sie von unterschiedlichen Vermittlungshemmnissen sprechen. Auch wenn die Begründungen heißen: 50+, Kinder oder Pflege von Angehörigen. Und Recht haben sie, dass diese zu erkennen sind und berücksichtigt werden müssen. Schrill wird es jedoch, wenn sich der Begriff „stärkenorientierter Beratungsansatz“ sich im Wust von Lobhudeleien verliert. Eine Analyse in Form von Assessment oder Profiling der individuellen Fähigkeiten und Potentiale finden sich dort ebenso wieder, wie die gezielte Auswahl von Fördermaßnahmen, die auf die vorhandenen Stärken und Talente aufsetzen oder daran anknüpfen. Demnach fehlt eigentlich nur noch der Führerschein für Lama-Wanderungen. Vermittelt doch diese Maßnahme Bewegung, Empathie gegenüber Tieren, Ausdauer und Orientierungssinn. Oder nicht? Das ist schon merkwürdig, bemängeln doch Betroffene seit zehn Jahren solche Maßnahmen, und spätestens seit der Wallraff-Sendung wurde diese Steuerverschwendung sichtbar. Immerhin gibt das Ministerium zu, dass der Erfolg von Maßnahmen nicht allein daran gemessen werden kann, ob sie unmittelbar zu einer Arbeitsstelle verhelfen. Im Idealfall bleiben die Betroffenen bis zum bitterem Ende in diesen Maßnahmen und verhelfen der Arbeitslosenstatistik zu einem schöneren Bild.
Haben wir noch Statistikprobleme? Angesichts der fast an die Millionengrenze herausgerechneten Erwerbslosen, dürfte es Kalkül sein, die Debatte um den orientierungslosen Erwerbslosen aufrecht zu erhalten. Im Idealfall bis zum Beginn der Zwangsverrentung mit 63 Jahren. Die Begründung, dass Teilnehmer an Maßnahmen wegen der umfangreichen dortigen zeitlichen Einbindung, nicht dem Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen, mag korrekt sein, sofern man Maßnahmen einer gesicherten Arbeitsstelle vorzieht. Weder geht es hier um eine Negierung bestehender sinnvoller Maßnahmen und deren Mitarbeiter, sondern vielmehr um Maßnahmen, die den Sinn haben, die Zeit totzuschlagen.
Weitere Fragen stellt das Papier auf, wenn das Ministerium meint, dass die Personalausstattung im bundesweiten Vergleich ausreicht. Wer soll das glauben? Personalräte, Mitarbeiter aus dem Jobcentern und Arbeitsagenturen, Gewerkschaften und Brandbriefe zeigen ein anderes Bild. Mitarbeiterüberlastung? Kennen wir nicht. Erwerbslose, die wochenlang auf ihr Geld warten? Kennen wir nicht. Nicht bearbeitete Anträge? Kennen wir nicht, haben wir nicht – oder nur in Einzelfällen – brauchen wir nicht. Wer bei der Obrigkeit arbeitet, glaubt wohl, sich dieses Denken noch leisten zu können. Geholfen ist damit niemanden.
Stattdessen wird mit diesem Stück Papier die Menschlichkeit beerdigt[...]
Weg mit der #Agenda2010
Quelle: via @Altonabloggt, June 05, 2015 at 08:17PM
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