Mittwoch, 1. Juli 2015

Streit um SGB-II-Sanktionen

Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Kerstin Griese (SPD) am Montag, 29. Juni 2015, sprach sich eine Mehrheit der geladenen Experten für die Beibehaltung von Sanktionsmöglichkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Sozialgesetzbuch, SGB II) aus. Vertreter aus der Wirtschaft nannten das System der Sanktionen ausgewogen. Auch Landkreistag und Städtetag sprachen sich – ebenso wie der Deutsche Gewerkschaftsbund [DGB] gegen eine generelle Abschaffung oder ein Moratorium der Sanktionen aus, wie es die Fraktionen Die Linke (18/3549, 18/1115) und Bündnis 90/Die Grünen (18/1963) in Anträgen gefordert hatten. Eine klare Ablehnung der Sanktionsregelungen kam von der Diakonie Deutschland.
„Große Erfolge bei der Integration Langzeitarbeitsloser.“
Aus Sicht der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) sind die „großen Erfolge“ bei der Integration Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt auch auf die Sanktionen zurückzuführen. Diese seien ein Kernelement des Prinzips von „Fördern und Fordern“, hieß es von der BDA ebenso wie vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Die Regelung, wonach Unter-25-Jährige härtere Sanktionen befürchten müssen als Über-25-Jährige, ist nach Meinung der Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft angemessen. Auch die BDA vertrat die Ansicht, dass diese Sanktionen zu einer stärkeren Kooperation der Arbeitsuchenden mit den Jobcentern führen würden. Von einer Abschwächung solle daher abgesehen werden, sagte die BDA- Vertreterin.
„Gravierende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen.“
Ob die Sanktionen tatsächlich die erwähnten positiven Effekte erzielen ist hingegen nach Ansicht des Einzelsachverständigen Helmut Apel nicht wissenschaftlich nachweisbar. Festzustellen sei aber, so der Sozialwissenschaftler, dass die Sanktionen „gravierende Auswirkungen“ auf das Leben der Betroffenen hätten. Apel sprach sich für ein Moratorium bei den Sanktionen aus, ..
„..um darüber nachzudenken, was Angemessenheit im Falle der Sanktionen bedeutet.“
Unterschiedliche Regelungen für verschiedene Altersgruppen führten zu Intransparenz, sagte der Vertreter der Bundesagentur für Arbeit (BA). Zugleich machte er deutlich, dass die BA ein Sanktionssystem in der Grundsicherung für erforderlich hält. Die geringe Sanktionsquote von knapp drei Prozent zeige im Übrigen, dass mit dem Instrumentarium verantwortungsbewusst umgegangen werde.
„Strengere Regelungen auch für Ältere.“
Sowohl der Deutsche Städtetag als auch der Deutsche Landkreistag kritisierten die unterschiedliche Behandlung von jungen und älteren Arbeitslosen. Schon im Interesse der Verwaltungsvereinfachung sollten künftig auch für die Älteren die strengeren Regelungen der Unter-25-Jährigen gelten, forderte die Vertreterin des Städtetages. BDA und ZDH schlossen sich der Forderung an.

Für eine stärkere Gewichtung des Förderns im System des „Forderns und Förderns“ sprach sich der Vertreter des DGB aus. Die Eingliederungsvereinbarungen müssten individueller als bisher auf den Einzelnen zugeschnitten seien. Außerdem sollten Leistungskürzungen nach Ansicht des DGB auf maximal 30 Prozent beschränkt werden.
„Verschärfte Sanktionen für Jugendliche nicht vertretbar.“
Bei einer „100-Prozent-Sanktion“, sei das Existenzminimum nicht mehr gesichert, gab die Vertreterin des Vereins für öffentliche und private Vorsorge zu bedenken. Bei einer Kürzung um mehr als 30 Prozent sollten daher ergänzende Sachleistungen ohne Antrag angeboten werden [...]


Weg mit der #Agenda2010

Quelle: via @Hoelderlin, July 01, 2015 at 11:31PM

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