Jetzt hocken alle mit kurzen abgabewünschen oder langen Sofortklärungswünschen in der selben Wartesitutation und alles geht bedeutend langsamer - dabei soll die ALG-II-Beziehendenzahl unverändert sein...
Das Jobcenter Berlin Pankow hat nun vor Kurzem - wie schon einige andere - offenbar die "Schnellschalter" oder "Empfangstresen" abgeschafft. Dadurch müssen alle, die ihre papiernen Unterlagen gerichtsfest (also mit Eingangsbestätigung) abgeben wollen, eine Wartenummer ziehen und derzeit bis zu 77 andere Fälle vor sich abwarten.
Ich habe mich hingesetzt und angefangen diesen Blogartikel zu schreiben.
Zuvor bin ich auf die Toilette gegangen und habe dabei gesehen, dass der Empfang, zu dem man jetzt nicht mehr direkt gehen darf, sondern nur mit Wartenummer wie für die früher Existente "Eingangszone", kaum ausgelastet war. Die meisten Empfangsplätze waren leer.
Nun, dass das eine deutliche Verschlechterung der Lage ist, ist nicht nur mir aufgefallen.
Eine Mitarbeiterin des Empfangsbereichs trat in den sehr vollen Wartesaal und wies die Leute auf den internen Hauspostkasten hin, welcher für die Abgabe von Unterlagen genutzt werden kann. Sie schien über das riesige Wartendenaufkommen nicht sonderlich erfreut. Für sie ist das wohl auch eine andere Intensität als vor jener Umstrukturierung.***
Bei Abgabe in den Postkasten anstelle Einreichung am Tresen: Statt eines Eingangsstempels hat man da aber nur das Vertrauen, dass die Unterlagen dort ankommen, wohin sie adressiert wurden. Vor Gericht hätte man im Streitfall keinen Nachweis. Im Briefkasten sitzt ja kein kleines Männlein oder ein mechanischer Stempel, der einem die Einreichung quittiert!
Dieses wurde von Sicherheitsleuten und anderen Mitarbeitenden mit dem SCheinargument weggewischt, dass man "sich eine App zum blitzschnellen Fotographieren und weiterleiten" besorgen könne (wer einem das Datenvolumen, das neue Smartphone und die Speicherkapazität besorgt, blieb unbeantwortet). Zudem kann "die Erleicherung", jetzt "digitale Wege"** nutzen zu dürfen, nicht dazu verwendet werden, althergebrachte gerichtsfeste Wege "zu verunmöglichen" oder so zu vergrätzen, dass kaum einer davon mehr Gebrauch macht.
"Man kann ja wenn man unbedingt einen Stempel über den Eingang für sich selber will, das auch nach 45minütigem (oder längerem) Warten im Wartezimmer machen" ist KEINE VEREINFACHUNG, sondern das SYSTEMATISCHE AUSRADIEREN grundlegender Bürgerrechte.
Im Jobcenter TEMPELHOF-SCHÖNEBERG soll es bereits ähnlich zugehen lt. Betroffenenbericht.
Auch dass es angeblich keine POSTSTELLE (mehr) geben soll, ist eine Falschaussage des Wachpersonals. Als der Securitymitarbeiter mir das auf kritische Nachfrage hin behauptete, lief gerade eine Postbotin mit einem PIN-Briefkasten durch die mir nicht erlaubte Tür und trug jede Menge Briefe in die Richtung, wo ich früher schon selber mal eine Poststelle aufgesucht hatte.
Die Treppenhäuser für einen Erkundungsgang sind zwar noch nicht abgeriegelt, es stehen aber auch dort überall Sicherheitsleute rum.
Ich teste ob man mich spazierengehen lässt, am besten erst nach erfolgreicher Abgabe meiner Unterlagen oder bei meiner nächsten Akteneinsicht, die mir für demnächst in Aussicht gestellt wurde und jetzt nur verabredet werden muss im Detail.
(**da könnte ich ja auch wieder alle ausgefüllten Unterlagen bloggen, wenn das nicht ebenfalls eine Speicher- und unterwegs-datenvolumenfrage wäre!) und den Link nicht nur der Öffentlichkeit, sondern auch meinem "Leistungsteam" in Spe zuschicken.
*** als es die Abgabetresen separat als Option gab und nicht nur "Wartenummer ziehen für alle Anliegen inkl. Abgabe von Unterlagen", war es hier wesentlich entspannter. Vermutlich auch für etliche Mitarbeitende. Doch wenn sie es nicht anders wollen, dann müssen sie mit den hohen Warteaufkommen eben leben!
Ähnliche Themen: Nichtquittierung von Unterlagen im JC Neukölln
(Anm.: damals sagte man mir in Pankow, dass so etwas wie in Neukölln hier niemals passieren würde... haha... jetzt hat man es schlimmer gemacht und verkauft uns das auch noch als Service... was man damit - auch mit der Digitalisierung als PFLICHT und nicht ZUSATZOPTION den Mitarbeiter*innen zumutet, wird übrigens auch nicht beachtet.
Aussage eines JC-Mitarbeiters in einem anderen Berliner Jobcenter, das schon lange "ausschließlich digital" arbeitet war, dass man viele Scans kaum, nur schwer bis gar nicht lesen könne. So war es unter anderem auch zum konflikt mit einem Antragsteller gekommen, dessen Unterschrift man schlichtweg auf den Scans nicht sehen konnte, die angefertigt worden waren, nachdem der Antragstellende seine Unterlagen in Papierform eingereicht hatte. Der Mitarbeiter war sehr freundlich und klärungsorientiert, zeigte uns auch die unmögliche Optik des Scans, mit dem er sich am Bildschirm plagen musste. Er begrüßte sehr, sich darüber extern zu beschweren, weil "auf seine Hinweise und die seiner damit arbeiten müssenden Kollegen niemand weiter oben ein Ohr hätte".
Wie man in solchen zuständen Origamis abgeben soll? Muss dann im Scanzentrum ein 3D-Drucker mit 3D-Scanner stehen, damit man seinen Lieblingsjobcentermitarbeitenden die Anträge als räumliches Sternchen oder in Herzform zukommen lassen kann?)
p.S.: ich habe intuitiv neulich in Steglitz-Zehlendorf meinen Antrag abgegeben, zu welchem jetzt nalagen fällig sind... dort GAB es noch einen Schnellschalter (der auch verschwinden soll dort)...
es wäre schneller gegangen, jetzt nach Steglitz zu fahren mit der Bahn anstatt hier im Wartezimmer zu schwitzen und Keime mit anderen Leuten über die Luft auszutauschen...
Weg mit der #Agenda2010
Quelle: via @FriGGa 1|2|3|.., February 25, 2020 at 12:33PM
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