- Hartz IV – Das Existenzminimum ist unantastbar
Das Existenzminimum werde mit Hartz IV nicht gesichert – durch drohenden Leistungsentzug sei es Verhandlungssache, kritisiert der Ökonom Philip Kovce. Wir sollten das Sozialrecht nicht länger als Strafrecht missbrauchen, fordert er.
Wie liberal oder sozial eine Gesellschaft ist, lässt sich daran ablesen, wie sie mit Minderheiten umgeht. Ein Beispiel, das eindrücklich zeigt, dass die Bundesrepublik sowohl auf dem liberalen als auch auf dem sozialen Auge an Sehschwäche leidet, ist die Arbeitslosenunterstützung, die auf den Namen Hartz IV hört.
Wenn von Arbeitslosen gefordert wird, nahezu jede Beschäftigung aufzunehmen, wenn ihnen außerdem unbezahlte Arbeit einfach zugewiesen werden kann, dann hat das weniger mit dem Grundrecht auf freie Berufswahl als mit Zwangsarbeit zu tun. Das Existenzminimum wird dank Hartz IV nicht gesichert, sondern durch den jederzeit drohenden Leistungsentzug zur Verhandlungssache. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fordert deshalb von der Bundesrepublik, „die Menschenrechte in die Umsetzung des Armutsbekämpfungsprogramms einzubeziehen“.
In Berlin wird das natürlich ganz anders gesehen: Was die Vereinten Nationen verurteilen, wird hier als Reform gefeiert. Anstatt sich in der Arbeitslosenunterstützung einzurichten, habe sich der Einzelne besonders zu engagieren, damit Deutschland auch in Zukunft mit blühenden Industrielandschaften aufwarten könne, so die Devise.
Liberalisierung, Privatisierung, Flexibilisierung – mit diesen und ähnlich nichtssagenden Vokabeln wurden die Hartz-Reformen in der Schröder-Ära verabschiedet. Und sie werden noch heute von all jenen begrüßt, die das deutsche Niedriglohnjobwunder bestaunen und Hartz-IV-Bezieher für dumm, faul und versoffen halten.
Dabei ist Hartz IV die richtige Lösung zur falschen Zeit – also falsch. Wer Arbeitslosigkeit vor einigen Jahrzehnten einer individuellen Verweigerungshaltung zusprach, mochte damit noch richtig liegen. Doch sie ist heute längst kein Luxus mehr, den sich einige Faulpelze leisten, sondern zunehmender Regelfall, wenn fleißige Maschinen Menschen entlasten.
Quelle: Deutschlandradio Kultur Anmerkung JK: Eine weitere Stimme, die darauf hinweist, dass Hartz IV ein menschenverachtendes System ist, somit aber perfekt die neoliberale Logik abbildet. Auch gerade vor diesem Hintergrund sollte man die Aussagen bezüglich der aktuellen Flüchtlingskrise von Merkel und anderer Apologeten des Neoliberalismus betrachten. Die ganze Humanität gegenüber Flüchtlingen ist reine Fassade, wenn in Deutschland selbst, die Menschenwürde von Millionen Bürgern mit Füssen getreten wird.
- Hungern als »Rechtsfolge«
Grundrecht auf Existenzminimum negiert: CDU, CSU und SPD bügelten im Bundestag Anträge von Linkspartei und Grünen gegen Hartz-IV-Sanktionen ab.
Während Aktivisten am Reichstagsufer mit 60 Holzkreuzen an »Opfer der Agenda 2010« erinnerten, stellten am Donnerstag abend alle Redner der Regierungsfraktionen von CDU, CSU und SPD klar: Die Knute gegen Hartz-IV-Bezieher wird weiter geschwungen. Zwei Anträge der Linksfraktion nach einem Ende der im Zweiten und Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II und XII) verankerten Strafpraxis würgten sie geschlossen ab. Auch das Begehren der Grünen-Fraktion nach einem Moratorium für eine Änderung des Gesetzes, um das Minimum zum Überleben künftig von Kürzungen auszuklammern, fiel bei der großen Koalition durch.
Linke-Chefin Katja Kipping mahnte erneut vergeblich, der physische und soziokulturelle Mindestbedarf dürfe nicht angetastet werden. »Grundrechte müssen für jeden gelten, unabhängig davon, wo man geboren wurde, wie man sich in den Arbeitsmarkt eingliedert und auch davon, ob man sich gegenüber einer Behörde als braver Untertan erwiesen hat«, sagte sie. Vollsanktionen einschließlich Miete und Krankenversicherung, die unter 25jährige bereits beim zweiten »Vergehen« treffen können, seien »besonders grausam«, betonte Kipping. »Wir produzieren Obdachlosigkeit, Hunger, soziale Verwahrlosung.« Die Strafen seien zudem »ein Angriff auf das gesamte Lohngefüge«. Sie hingen »wie ein Damoklesschwert über Betroffenen und noch Arbeitenden«. »Zu Recht!« platzte der CDU-Abgeordnete Tino Sorge dazwischen [...]
Weg mit der #Agenda2010
Quelle: via @Mantovan, October 06, 2015 at 10:03AM
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