Mittwoch, 27. Mai 2015

Frühstück mit Jörg Asmussen

Am 26.05.2013 waren wir im Rahmen der Berliner Wirtschaftsgespräche im CapitalClub des Hilton bei einem Frühstück mit Jörg Asmussen.

Jörg Asmussen ist einer der hauptverantwortlichen Mitverursacher der Finanzkrise – jetzt glühender Anhänger von TTIP (was auch kaum besser ausgehen wird) – und an der Seite von Andrea Nahles als Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales für Fragen der Alterssicherung zuständig.

Zwischen den Brimborien des gelangweilten Reichtums nahmen wir in der Menge der illustren Gäste Platz zum Frühstück. Mit an unserm Tisch saß ein Referent des BDI.

Asmussen erzählte seine / bzw. die Positionen der Regierung zu Europa.

Positiv wertete er das gegenwärtige Wachstum des Bruttoinlandsproduktes und ein hohes Maß an Beschäftigung.

Problem sei aber das mittelfristig herankommende Sinken des Wachstumspotentiales.
D.h., die MÖGLICHKEIT zum Wachstum würde mehr und mehr eingeschränkt.

Als Grund nannte er die demographische Entwicklung und die Digitalisierung.

Um trotz beider Probleme genügend Arbeitskräfte zu generieren und damit das Wachstumspotential zu stärken schlug er 5 Punkte vor:

1. Zuwanderung!

2. Höhere Erwerbstätigkeit der Frauen: Der Großteil der Langzeitarbeitslosen seien alleinstehende Mütter. Sie müssten für die Stärkung des Wachstumspotentials in Arbeit gebracht werden.

3. Höhere Erwerbsarbeitsbeteiligung älterer Menschen

4. Höhere Erwerbsarbeitsbeteiligung für Menschen mit Behinderungen

5. Bessere Lösungen für Langzeitsarbeitslose mit multiplen Vermittlungshemmnissen.

Kurz: ALLE sollen für die Steigerung des BIP verwurstet werden.
Nur Kinderarbeit hatte er noch nicht im Programm.

Wie der Zufall es wollte, war ich der Letzte, der eine Frage stellen durfte.
Ich fragte drei Dinge:

1. Ob er sich nicht vorstellen könne, dass alte Menschen, wenn man sie immer länger in Arbeit dränge, nur um das BIP zu stärken, zornig würden.

2. Ob er sich nicht vorstellen könne, dass das deutsche Volk über die Zuwanderungsfrage anders empfinde als er. Er würde einen sehr technokratischen Gesichtspunkt für die Förderung der Einwanderung geltend machen. Es gehe bei ihm ja nicht um die freie Begegnung von Menschen und Kulturen – was absolut ein positiver Gesichtspunkt wäre, sondern ganz technokratisch um die "Stärkung des Wachstumspotentiales".

3. Trotz des Zuwachses an Beschäftigung sei ja nun das Arbeitsvolumen abgesunken.
D.h., dass "mehr Arbeit" zugleich ein Absinken der Löhne und eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, d.h. eine durchgreifende Präkarisierung des Arbeitsmarktes bedeute.
Wenn immer mehr Menschen in prekäre Arbeiten gedrängt werden – und das auch noch mit Zwang, ob er sich nicht vorstellen könne, dass immer mehr Menschen sauer werden. Und was er gegen die aufsteigende Revolutionsstimmung zu tun gedenke.

Der Veranstalter intervenierte erschrocken, dass er nicht mehr an Revolution glaube und dieses Thema hier jetzt nicht besprochen werden könne – was mich dazu verleitete zu kontern: "Wir machen die Revolution auf jeden Fall, auch wenn sie jetzt hier nicht besprochen wird."

Asmussen antwortete zu Frage 1, dass er den Zorn mancher Älterer verstehen könne. Professoren würden ja gerne länger arbeiten als bis zum Beginn ihrer Rente, das wäre beim Dachdecker sicher anders. Er selbst würde langfristig dafür plädieren, die Rente differenziert auszugestalten, also nicht einen Eintrittstermin für Alle, sondern für die physisch belastende Arbeit einen früheren Termin als für die geistige usf..

Zur Frage 2 begab er sich auf ein Gleis, zu dem ich nichts gefragt hatte: Er sagte, dass er die Aufnahme der Asylsuchenden absolut bejahe – womit wir absolut derselben Meinung sind. (Leider sieht, was die Bundesregierung tut, in Wirklichkeit ganz anders aus.)
Auf das Problem des Hereinholens ausländischer Fachkräfte, um unser BIP zu stärken, was ein a-sozialer Gesichtspunkt ist, ging er mit keinem Wort ein.

Zur Frage 3 sagte er erst gar nichts!

Nachdem er dann fluchtartig den Raum verlassen hatte, blieben wir noch ein bisschen dort, um die Reaktionen der anderen abzuwarten. Es waren ja lauter Leute in Schlips und Kragen – ich war der einzige mit einem roten Schal. Da machte ich mich auf manchen Widerspruch gefasst.

Was dann geschah war für mich erstaunlich: Eine Frau fragte verwundert, woher der Zorn der Menschen unten käme und ließ sich das in Ruhe erzählen. Etliche weitere Menschen kamen auf mich zu und sagten, wie sehr berechtigt meine Fragen gewesen wären. Am Ende kam sogar der Veranstalter, schlug mir auf die Schulter und sagte: "Da hatten Sie absolut recht." Und führte aus, dass das ganze Vorweisen von guten Wirtschaft- und Beschäftigungszahlen und selbst die Bilanzen von Herrn Schäuble nichts als Propaganda sei.

Revolutionspotential also auch dort.

27.05.2013
Ralph Boes, Berlin


Weg mit der #Agenda2010

Quelle: via @Die-Wuerde-des-Menschen, May 27, 2015 at 10:56PM

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