Berlins Jugendämter sind überlastet. Seit einem Jahr kämpfen die Mitarbeiter für mehr Personal. Im Sommer hängten sie weiße Fahnen aus ihren Fenstern, um ihre Kapitulation zu demonstrieren. An der Arbeitslast habe sich dennoch nichts geändert, sagte der Sprecher der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Tom Erdmann. Teilweise müsse ein Mitarbeiter mehr als 100 Familien betreuen. Die GEW will, dass auf eine Vollzeitstelle nur noch 28 Familien kommen.
Die Senatsverwaltung für Jugend unterstützt die Forderung. Verhandeln müssten die Bezirke aber mit dem Finanzsenator, sagte Sprecher Ilja Koschembar. Die Linke-Abgeordnete Katrin Möller sagte, sie wäre schon zufrieden, wenn Berlin das Bundesniveau von 65 Fällen erreichen würde.
Gehaltsklasse entspricht nicht Arbeitsbelastung
Die Mitarbeiter in den Jugendämtern hätten zunehmend mit aufreibenden Fällen zu tun, berichtete Erdmann: In den vergangenen Jahren müssten sie immer häufiger Leib und Leben der Kinder schützen. Die Beschäftigten sollten deshalb etwa 200 Euro mehr verdienen. „Leute, die Parkknöllchen schreiben, fallen aktuell in dieselbe Entgeltgruppe wie Mitarbeiter der Jugendhilfe“, kritisierte er.
Oppositionspolitikerin Möller wünschte sich nicht nur mehr Stellen und mehr Geld: Studenten müssten besser auf die Praxis vorbereitet werden, forderte sie. Außerdem bräuchten die Jugendämter mehr Zeit für den Austausch mit Kitas, Kinderheimen und Ärzten.
Die Senatsverwaltung habe im vergangenen Jahr beobachtet, dass Väter und neue Partner der Mütter häufiger als zuvor Kinder misshandelten, sagte Koschembar. „Da müssen wir sensibler werden. Das ist vor allem dann schwierig, wenn sich Mütter häufig neue Partner suchen.“ Dann erführen die Jugendämter meist zu langsam, welche neuen Gefahren sich für ein Kind ergeben könnten.
Schlechtes Image durch Berichterstattung
Möller beklagte außerdem das schlechte Image der Jugendämter: Die Mitarbeiter seien ständig unter Beschuss. Berichtet werde nur, wenn wieder ein Kind auf grauenhafte Weise gestorben sei. Von positiven Fällen erfahre die Öffentlichkeit selten. Dabei habe sie bisher nur engagierte Menschen getroffen. „Für diese Arbeit entscheidet man sich nicht des Geldes oder der Anerkennung wegen.“[...]
Weg mit der #Agenda2010
Quelle: via @Berliner-Zeitung.de, May 12, 2015 at 09:27PM
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