Samstag, 23. Mai 2015

Und die Skos bewegt sich doch (CH)

Die kantonalen Sozialdirektoren reagieren auf den politischen Druck. Junge sollen bald weniger Sozialhilfe erhalten. Wer nicht kooperiert, kann ab 2016 drastischer bestraft werden.

Statt mehr erhalten etliche Sozialhilfeempfänger künftig weniger Geld vom Staat. Wer nicht kooperiert, kann zudem deutlich stärker sanktioniert werden. Diese und weitere Neuerungen haben die kantonalen Sozialdirektoren am Mittwoch in Thun beschlossen. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) stellte aufgrund von Studienergebnissen eigentlich eine Erhöhung des Grundbedarfs zur Diskussion – vor allem bei kleinen Haushalten. Dieser Kurs wurde nun korrigiert.

Peter Gomm, Präsident der Sozialdirektorenkonferenz und Solothurner Regierungsrat (SP) machte keinen Hehl daraus, dass dies vor allem politisch motiviert ist: Die Verschärfungen seien eine Reaktion auf die Kritik an der Skos, sagte er an der gestrigen Medienkonferenz. Dem Verband wurde zunehmend vorgeworfen, ihm fehle die politische Legitimation. Zudem sei er nicht gewillt, auf öffentliche Kritik zu reagieren.

Gomm attestierte aber dem neuen Skos-Co-Präsidium von Felix Wolffers und Therese Frösch, es habe den Prozess selber eingeleitet. Die Organisation erarbeitet im Auftrag ihrer 956 Mitglieder (Kantone, Gemeinden, regionale Sozialdienste) Richtlinien zur Sozialhilfe. Wolffers geht davon aus, dass der Verband jetzt gestärkt aus der Krise hervorgeht: «Die Skos bewegt sich», fasste er gestern die Botschaft zusammen. Er nimmt an, dass Gemeinden, die ausgetreten sind oder mit dem Austritt drohten, darauf zurückkommen werden.

Neu haben Kantone das Sagen
Die entscheidende Neuerung in der Geschichte der Skos ist, dass seit Anfang Jahr nicht mehr die Skos die Richtlinien absegnet, sondern die Sozialdirektorenkonferenz. Damit wurde die Kompetenz dahin delegiert, wo letztlich die verbindlichen Leitplanken gesetzt werden, nämlich in den Kantonen. Mit den jüngsten Beschlüssen wurde diese Aufgabenteilung erstmals angewendet. «Die Sozialdirektoren gingen in zwei Punkten über die Empfehlungen der Skos hinaus», betonte Gomm, nämlich beim Grundbedarf und bei den Integrationszulagen. Bei Ersterem war die Skos gegen Kürzungen, bei Letzterem wollte sie weitere Abklärungen.

Die Empfehlungen basieren auf einer Vernehmlassung, welche die Skos in den vergangenen Monaten durchgeführt hatte. Sie stellte ihren Mitgliedern diverse Fragen zu Reformen der Richtlinien. Gestern wurde nebst den erwähnten Beschlüssen auch die Auswertung dieser Vernehmlassung präsentiert: 70 Prozent der Mitglieder haben dabei mitgemacht.

Klar zum Ausdruck kam dabei, dass Korrekturen erwünscht sind. Junge Erwachsene sollen sich nicht in der Sozialhilfe einrichten, darum seien die Ansätze für sie zu senken. Wer nicht kooperiert, soll härter angefasst werden können. Wer einen Job hat, soll hingegen weiterhin etwas davon haben (siehe Grafik).

«Strafen müssen wehtun»
Bis im September werden die Massnahmen zu den Beschlüssen nun im Detail ausgearbeitet und dann von den Sozialdirektoren definitiv abgesegnet. In Kraft treten sollen sie Anfang Jahr. Deren Wirkung ist erst danach abschätzbar. Denn die Kantone können die Richtlinien auf ihre konkrete Situation anpassen.

Die Berner Regierung hat beispielsweise bei jungen Erwachsenen und bei Sanktionen bereits Verschärfungen angekündigt. Da der Grundbedarf bereits unter dem Existenzminimum liegt, wird es für Betroffene dann erst recht eng. Therese Frösch sagte dazu: «Hier geht es nicht um den Normalfall. Strafen müssen wehtun.» Wolffers räumte ein, dass der politische Druck für einen moderateren Weg derzeit schlicht zu gross ist. Vielleicht komme man in ein paar Jahren wieder zu anderen Schlüssen.

Die Revision der Richtlinien geht in der Zwischenzeit weiter. Die Skos und die Sozialdirektoren haben in weiteren Punkten Handlungsbedarf identifiziert. Wer eine Arbeitsstelle findet, fährt zum Beispiel in bestimmten Fällen finanziell schlechter als vorher. Solche «Schwelleneffekte» müssten eliminiert werden. Auch Empfehlungen für Mietzinsmaxima sind vorgesehen. Die zweite Reformetappe soll per 2017 umgesetzt werden.

Quelle: via @Bernerzeitung.ch



Weg mit der #Agenda2010

Quelle: https://agenda2010retweeter.wordpress.com/2015/05/23/und-die-skos-bewegt-sich-doch-ch/, May 23, 2015 at 07:29PM

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